Mehr als 65 Prozent älterer Darlehensverträge, die seit dem 2. November 2002 abgeschlossen wurden, enthalten nach Expertenschätzungen fehlerhafte Widerrufsbelehrungen. Die Kreditverträge sind deshalb unwirksam. Damit erhalten Kreditnehmer von Immobilienkrediten die Möglichkeit, ihren Darlehensvertrag vorzeitig zu kündigen und bessere Konditionen auszuhandeln, ohne dass eine Vorfälligkeitsentschädigung gezahlt werden muss

Seit dem 1. Januar 2002 müssen Kreditnehmer von Immobiliendarlehen auf ein bestehendes zweiwöchiges Widerrufsrecht hingewiesen werden. Im Mai 2014 stellte der Bundesgerichtshof fest, dass Kunden einer Lebensversicherung diese auch nach zehn Jahren noch widerrufen können. Dieses Urteil ist auch auf Immobilienkredite anwendbar. Die Verbraucherzentralen haben im Juni 2014 eine Liste mit Geldinstituten vorgelegt, deren Widerrufsbelehrungen falsch sind: Die Beratungsstellen raten dazu, sich bei der Überprüfung einer Widerrufsbelehrung in jedem Fall juristisch beraten zu lassen und sich bei der späteren Durchsetzung eines gegebenenfalls gegebenen Widerrufsrechts von einem spezialisierten Anwalt vertreten zu lassen.

Normalerweise besteht ein Widerrufsrecht für 14 Tage nach Abschluss des Vertrags. Doch schon geringe Abweichungen von den in Paragraf 355 Absatz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches vorgegebenen Regeln machen die Widerrufsfrist unwirksam. Abweichungen können beispielsweise sein:

  • Der Beginn der Widerrufsfrist ist nicht eindeutig formuliert.
  • Die Widerrufsklausel ist verwirrende formuliert
  • Die Widerrufsklausel ist nicht fett gedruckt

Schon bei Zweifeln sollten Kreditnehmer den Rat spezialisierter Anwälte oder der Verbraucherzentralen in Anspruch nehmen, schließlich kann es um tausende von Euro Ersparnis gehen.

Aber: Angesichts der steigenden Zahl von Überprüfungen und anschließenden Kündigungen der Kreditverträge verweigern viele Banken eine Anschlussfinanzierung. Hier sollten sich Kreditnehmer bei Verbraucherzentralen oder ihren Anwälten nach Vermittlern erkundigen, die Kreditinstitute empfehlen, die auch weiterhin Darlehen für Anschlussfinanzierungen gewähren. Zusätzliches Plus: Durch die Vermittlung wird ein negativer Schufa-Eintrag vermieden.

Tipp 1: Bevor der bestehende Kreditvertrag gekündigt wird, sollte die Anschlussfinanzierung mit einer eindeutigen Kreditzusage eines anderen Geldinstituts geklärt sein.

Tipp 2: Ein Widerspruch gegen eine falsche Widerrufsbelehrung (und damit die vorzeitige Aufkündigung des Darlehens ohne Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung) kann sich vor allem für diejenigen lohnen, die ihr Darlehen vor 2008 abgeschlossen haben. Zu diesem Zeitpunkt lagen die Hypothekenzinsen bei rund fünf Prozent, also circa zwei Prozent über dem heutigen Stand. Weil die Ansprüche erst nach drei Jahren verjähren, sollten Darlehensnehmer, die in den vergangenen drei Jahren hohe Vorfälligkeitsentschädigungen gezahlt haben, prüfen lassen, ob sie diese zurückbekommen können.

Tipp 3: Weil sich viele Banken gegen die Kündigung der Verträge aufgrund falscher Widerrufsklauseln wehren, muss meist der Klageweg beschritten werden. Die Kosten dafür sind hoch. Nicht alle Rechtsschutzversicherungen übernehmen die Kosten. Allerdings decken vor allem ältere Rechtsschutzverträge den Widerruf von Immobiliendarlehen noch ab. Trotzdem kann sich ein selbst verfasster Widerruf auch bei neueren Rechtsschutzverträgen lohnen. Denn der Versicherungsfall tritt nun ein, wenn dieser Widerruf durch die Bank zurückgewiesen wird. (BGH, Beschl. vom 17.10.2007 Az. IV ZR 37/07) Während die Versicherung für den Widerruf noch die Deckung versagen kann, liegt bei einer Zurückweisung dieses Widerrufs der Deckungsfall vor. Wichtig: Die Rechtsschutzversicherungen ist auch zur Deckung verpflichtet, wenn der Versicherungsvertrag erst nach dem Kreditvertrag abgeschlossen worden ist.